Geschichte der Gemeinde Erbes-Büdesheim

Erbes-Büdesheim und seine packende Vergangenheit

von Karl Müller

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... Erbes-Büdesheim hat wie die meisten rheinhessischen Dörfer zahlreiche Nöte und viel Leid, aber auch manches Lichtvolle und Bemerkenswerte erfahren. Im Pfälzisch-Bayerischen Erbfolgekrieg 1504/1505 ist es teilweise abgebrannt, in der Zeit des 30jährigen Krieges wurde es wahrscheinlich vollkommen entvölkert. Nach dem großen Krieg zogen dann, durch die Bevölkerungspolitik des Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz gefördert, viele reformierte, aber auch katholische Ausländer aus der Schweiz, den Niederlanden, Belgien und dem Niederrheingebiet hierher.

Durch seine allgemeine Lage und besondere Vergangenheit von den Nachbardörfern abgehoben, wurde es zum Sitz einer Unterabteilung des Oberamtes Alzey, erklärt. Was das Schulwesen betrifft, gab es bereits im 16. Jahrhundert einen evangelischen Lehrer im Ort, dem dann ab dem 18. Jahrhundert ein katholischer Lehrer zur Seite trat. Während in den evangelischen Schulen im 19. Jahrhundert innerhalb von 80 Jahren nur drei Lehrer wirkten, erlebte die katholische Schule mit 21 verschiedenen Lehrern in gleicher Zeitspanne einen recht häufigen Wechsel. Ab 1934 löste eine christl. Simultanschule die bis dahin getrennten Konfessionsschulen ab. Sie wurde 1954 unter Hauptlehrer Böhler in Dienst gestellt.

Die Gemeinde Erbes-Büdesheim hat sich wie viele Gemeinden in Rheinhessen in den letzten 50 Jahren sowohl in ihrer Struktur als auch im Aussehen stark verändert. War der Ort nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 60er Jahre noch stark landwirtschaftlich geprägt, überwiegt heute der Wohncharakter. Gab es in den Fünfzigern rund 50 selbstständige landwirtschaftliche Betriebe, so sind heute nur noch drei Vollerwerbsbetriebe und einige Nebenerwerbsbetriebe vorhanden. Aushängeschild der Landwirtschaft war die Staatsdomäne sowohl vor als auch nach den beiden Weltkriegen. Noch 1950 arbeiteten rund 60 Personen in diesem Musterbetrieb, der Vorbild für viele landwirtschaftliche Betriebe war und an dessen Arbeitsweise sich die Bauern in der Umgebung orientierten. Saatzucht, Schweine- und Rinderzucht, Milchwirtschaft und auch eine Brennerei zeigten die Vielfältigkeit des "Schlossgutes", wie es auch im Volksmund genannt wurde. Zehn Pferdegespanne und zwei Ochsengespanne leisteten einen wesentlichen Teil der Feldarbeit. Die Arbeitszeit für die Beschäftigten war von montags bis samstags von 7 bis 11 Uhr und von 13 bis 19 Uhr festgelegt. Eine Besonderheit auch für die damalige Zeit war das Treffen der Arbeiter an der katholischen Kirche (Katzenpumpe) und der gemeinsame Gang zu ihrer Arbeitsstelle. Die landwirtschaftlichen Facharbeiter bekamen neben ihrem Lohn jedes Jahr ein Deputat von 30 Zentnern Kartoffeln, fünf Sack Getreide, zwei Ferkel, fünf Zentner Stroh, 40 Mark Prämie und ein Ar Klee.

Die Staatsdomäne wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts zunächst von Erwin Römer und nach seinem Tod von seiner Ehefrau Nelly und bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges von Dr. Carl-Heinrich Römer geleitet. Danach war Adolf Hartmann und ab 1965 Joachim Hechler Pächter. Fast 50 Jahre - von 1904 bis 1950 - war Josef Huckle Verwalter in der Domäne. Das Land Rheinland-Pfalz verkaufte 1996 die Staatsdomäne und damit ging die stolze Geschichte eines landwirtschaftlichen Musterbetriebes zu Ende. Sowohl die Ackerflächen als auch die Weinbergsflächen mit 47 ha wurden umgelegt. Viel Arbeit hatten in dieser Zeit der Vorsitzende der Teilnehmergemeinschaft Ernst Hirschel und die Rechnerin Emma Huckle zu leisten. Weitsichtig war die Entscheidung, 37 laufende Kilometer Windschutzstreifen anzulegen, die heute die Gemarkung, aber insbesondere auch das Kleinklima prägen. Wegen der Besonderheit dieser Anlage in Rheinhessen wurde das Projekt bei der Grünen Woche 1992 in Berlin vorgestellte. Eine weitere zukunftsweisende Entscheidung im Zuge der Flurbereinigung war der Bau der Umgehungsstraße in den Jahren 1960 und 1961. Zehn Hektar Ackerfläche wurde hierfür zur Verfügung gestellt. 1954 konnte das neue Schulgebäude an der Nacker Straße eingeweiht werden. Damit wurde die unbefriedigende Situation der verschiedenen Standorte gelöst. Entscheidend war hieran Heinrich Böhler beteiligt, der mehr als 40 Jahre die Schullandschaft in Erbes-Büdesheim maßgeblich geprägt hat.

In der Amtszeit von Bürgermeister Christian Wilhelm Lawall erhielt Erbes-Büdesheim als eine der letzten Gemeinden in Rheinhessen ab 1963 eine öffentliche Wasserversorgung, und auch im Verhältnis spät wurde 1992 die Gemeinde kanalisiert. Josef Seitner prägte das Wirtschaftsleben in der Gemeinde ganz entscheidend. Als Mann der ersten Stunde nach dem Zweiten Weltkrieg begann er mit der Produktion von Bims- und Hohlblocksteinen und einem Baustoffgroßhandel. Danach begab er sich auf das damals noch neue Gebiet des Fertigbetons. Auch in der Kunststoffbearbeitung zeigte er erfolgreich seine Vielseitigkeit. Zahlreichen Erbes-Büdesheimern konnte er wohnortnahe Arbeitsplätze bieten.